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Die Rolle der Geschäftsleitung im ERP-Projekt 

ERP-Systeme sind weit mehr als ein Stück Software

Ein ERP-Projekt ist immer ein Projekt der Geschäftsleitung, es muss durch sie im gesamten Unternehmen für jeden Mitarbeiter spürbar getragen werden. Ein gut funktionierendes ERP-System ist das Rückgrat des Unternehmens, sozusagen die Basismaschine. Von dieser Maschine hängt ab, wie Prozesse gesteuert werden, wie flexibel sich die Architektur des Unternehmens an neue Anforderungen anpassen lässt.

Das ERP-System ist die Basismaschine des Unternehmens.

Aus diesem Grund muss man mit dieser Maschine genauso sorgfältig umgehen wie mit einer wichtigen Produktionsmaschine oder Anlage. Diese werden auch erst nach eingehender Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Funktionalität beschafft, erweitert oder ersetzt. Man kauft kein hochwertiges Bearbeitungszentrum, weil das Unternehmen auf der anderen Straßenseite das gleiche hat und damit zufrieden ist. Oft erlebt man dann irgendwann eine böse, meist kostspielige Überraschung.

Gescheiterte ERP-Projekte haben meist eines gemeinsam: die Geschäftsleitung hat sich nicht in der erforderlichen Intensität um das ERP-Projekt gekümmert. Nun hat aber ein Umdenken stattgefunden und man vertraut auf externe, neutrale Hilfe – ein Schritt in die richtige Richtung.

Der CERPOS ERP-Ratgeber soll Geschäftsführern einen schnellen Überblick über die wesentlichen Aspekte eines ERP-Projekts geben und für die Tragweite der Entscheidung sensibilisieren. Denn ein ERP-Projekt ist nicht mit der Inbetriebnahme abgeschlossen.

Ein ERP-Projekt hat kein Ende!

Ein ERP-System ist ein Werkzeug, dessen Eigenschaften ständig weiterentwickelt und optimiert werden. Aus diesem Grund wird sich in einem Unternehmen einiges ändern, wenn es ernsthaft vor hat, ein ERP-System anzuschaffen. Vor allem, wenn man sich mit der Einführung eines ERP-Systems vorgenommen hat, Kosten zu senken oder mit der gleichen Belegschaft mehr Umsatz zu machen. Einige Unternehmer sehen die gesamte IT und besonders den Bereich ERP als lästigen Kostenfaktor an und handeln nach dieser Devise.

Dementsprechend ineffizient werden dann die Systeme auch genutzt. Diese Firmen haben es meist einigen wenigen extrem motivierten Mitarbeitern zu verdanken, die es mit einem schlecht passenden Werkzeug täglich irgendwie schaffen, die anfallenden Aufgaben in der erforderlichen Qualität zu bewältigen. Meist ist dies der Geschäftsleitung nicht einmal bewusst. Erst wenn diese Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, wird deren Wichtigkeit spürbar, da sie ihr Wissen mitnehmen und kein Ersatz vorhanden ist.

Die Rolle von Geschäftsleitung, Projektleitern, Projektteams und Keyusern

Die Änderungen des Unternehmens beginnen damit, dass man für die Auswahl eines ERP-Systems ein Projektteam zusammenstellen muss. Das Team besteht aus einem Projektleiter, der direkt der Geschäftsleitung unterstellt ist, und mehreren Keyusern. Ein Keyuser vertritt eine Fachabteilung im gesamten ERP-Projekt. Er sollte die Geschäftsprozesse der Abteilung sehr gut kennen, um bei der Aufnahme und der Optimierung der Geschäftsprozesse einen entsprechenden Beitrag leisten zu können. Der Abteilungsleiter ist dabei nicht immer die beste Wahl, da er von den Details der Prozesse meist am wenigsten Kenntnis hat. Die Keyuser schulen später die Endanwender und bilden nach der ERP-Inbetriebnahme meist ein ERP-Team, welches ständig an der Weiterentwicklung des ERP-Systems arbeitet.

Dabei ist es selbstverständlich, dass unter der ständigen Weiterentwicklung eines ERP-Systems nicht die Realisierung „goldener Knöpfe“, sondern wirtschaftlich sinnvolle Weiterentwicklungen zu verstehen sind.

Die Bereitschaft von Veränderungen wird schnell auf die Probe gestellt, wenn der Geschäftsleitung klar wird, dass der Projektleiter und die Keyuser für ihre Aufgaben entsprechend vom Tagesgeschäft freizustellen sind. Das Keyuser-Team wird auch zukünftig regelmäßig zusammenkommen, um neue Anforderungen, die das Tagesgeschäft an das ERP-System stellt, im ERP-System umzusetzen. Spätestens jetzt wird klar, dass ein ERP-Projektteam nach der Inbetriebnahme nicht einfach aufgelöst werden kann und jeder Keyuser wieder seine alte Position einnimmt. Es sind weitreichende Veränderungen, die auf ein Unternehmen zukommen, wenn es ernsthaft vorhat, ein ERP-System einzuführen.

Eine erfolgreiche ERP-Einführung erfordert die Bereitschaft zu Veränderungen!

Es ist davon auszugehen, dass ein ERP-Projektleiter zu 80-100% vom Tagesgeschäft freigestellt werden muss. Bei einem Keyuser werden es 50-80% sein, je nach Projektphase und Einsatz externer Berater. Externe Berater können bei der Aufnahme und der Optimierung der Geschäftsprozesse einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg eines ERP-Projekts leisten.

Absolut erforderlich ist, dass die externen Berater über ausreichende Erfahrungen und Referenzen auf dem Gebiet der Geschäftsprozessoptimierung im ERP-Umfeld verfügen. Einem externen Berater wird bei einem Gespräch mit einem Sachbearbeiter im Rahmen der Prozessaufnahme meist mehr erzählt als einem internen Kollegen. Dies gilt umso mehr, je besser der Berater sein Geschäft versteht. Außerdem hat der Berater einen neutralen Blick auf die Prozesse, da er nicht durch die „Betriebsbrille“ schaut. Der Berater agiert auch als „Übersetzer“ in die ERP-Welt. Er sollte über ausreichende Kenntnis der Möglichkeiten heutiger ERP-Systeme verfügen, um aus den Geschäftsprozessen die funktionalen Anforderungen an ein ERP-System abzuleiten.

Die Qualität der Prozessaufnahme entscheidet über den Erfolg eines ERP-Projekts!

Was in der der Prozessaufnahme keine Berücksichtigung findet, wird auch bei der ERP-Auswahl nicht beachtet. Bei einer ERP-Auswahl spielt die erforderliche Funktionalität des ERP-Systems die entscheidende Rolle, sie ist die Basis für die Systemrecherche und die Bewertung der ERP-Systeme. Aus diesem Grund ist hier mit entsprechender Sorgfalt umzugehen. So sollte vor der ERP-Auswahl eine Geschäftsprozessoptimierung vorgenommen werden.

Nur aus optimierten Prozessen kann die zukünftig benötigte Funktionalität abgeleitet werden. Manche Unternehmen meinen, diesen Aufwand nicht betreiben zu müssen und erhoffen sich eine Geschäftsprozessoptimierung durch den ERP-Hersteller nach der Systementscheidung. In diesem Fall tritt bei den ersten Workshops meist die erste Ernüchterung ein, wenn der Softwareberater mitteilt, dass eine „kleine“ Anpassung notwendig ist, da der Standard des ERP-Systems eine Anforderung nicht abdeckt. Nun steht man vor der Entscheidung, die Anpassung zu realisieren oder schon in einer frühen Phase der Inbetriebnahme erste Kompromisse in der Umsetzung der Geschäftsprozesse eingehen zu müssen. Das führt dann oft im Nachgang zu unnötigen Kostendiskussionen.

Prozessoptimierung ist also im Vorfeld am sinnvollsten. Die Kosten für diesen Projektschritt fallen sowieso an, entweder für einen neutralen Berater, der im Sinne des Unternehmens handelt, oder für den Berater, der im Sinne des ERP-Herstellers handelt. Wenn die Prozessoptimierung vor der ERP-Auswahl durchgeführt wurde, ist dieser Schritt bei der ERP-Inbetriebnahme nicht mehr notwendig und verkürzt die Inbetriebnahmephase des ERP-Systems.

Die Dokumentation der Ernsthaftigkeit, mit der die Geschäftsleitung hinter dem ERP-Projekt steht, erfolgt maßgeblich in der Bereitstellung der benötigen Ressourcen, also auch der Freistellung des Projektleiters und der Keyuser. Wenn dies nicht erfolgt, stellt das ERP-Projekt für alle Mitarbeiter eine sehr hohe Mehrbelastung dar und wirkt demotivierend und demoralisierend. Ein ERP-Projekt erfordert motivierte und engagierte Mitarbeiter, die auf dem Weg zur Systementscheidung mitgenommen werden müssen, da sie letztlich in ihrem Arbeitsalltag davon profitieren. Ein ERP-System gegen den Willen der Mitarbeiter einzuführen, wird nicht von Erfolg gekrönt sein.