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Konfigurierbarer Artikel

Im Abschnitt „Variantenartikel“ ist beschrieben, wie die Varianten über Variantenkenner in den Stücklistenpositionen abgebildet werden. Über dieses Verfahren ist es möglich, Positionen ein- oder auszuschließen. Wenn jedoch ein Regelwerk wie z.B. „wenn X, dann Y“ eingesetzt wird oder Berechnungen durchgeführt werden müssen, um die Struktur eines Artikels abbilden zu können, muss man einen „Produktkonfigurator“ einsetzen.

Wahrscheinlich kennt fast jeder von uns Produktkonfiguratoren aus dem täglichen Leben. Kaufinteressenten können beispielsweise bei einigen Autoherstellern ein Auto über das Internet konfigurieren. Sie können die Konfiguration speichern und ändern oder diese teils auch an einen Händler übermitteln.

Falls Sie sich nicht für Autos interessieren, dann eventuell für schwedische Möbel. Diese können Sie über das Internet – mit einem Produktkonfigurator – nach Ihren Wünschen konfigurieren.

Ein Produktkonfigurator kann also mit Regeln umgehen, Berechnungen anstellen und mit Fremdsystemen Daten austauschen.

Einige Beispiele:

  • Wenn die Tischplatte eine bestimmte Größe überschreitet, wird die Anzahl und Position der Tischbeine neu berechnet.
  • Wenn Sie die Rückwand der Kommode nicht haben wollen, kann keine Granitplatte ausgewählt werden.
  • Wenn Sie unbehandeltes Holz auswählen, wird Ihnen ein Pflegemittel angeboten.
  • Wenn Sie die Lederausstattung bei Ihrem Wunschauto wählen, müssen Sie auch die Sitzheizung auswählen.
  • Sie bekommen eine aktuelle Grafik Ihres Wunschautos als 3D-Modell angezeigt, welches nach Ihrer Konfiguration berechnet wurde.
  • Der Konfigurator kann per E-Mail die 3D-Daten eines automatisch konfigurierten Sitzkissens zu einem Lieferanten schicken, damit er diese in seiner Maschine weiterverwenden kann.

Der Produktkonfigurator kann auf eine „Rumpf“-Stückliste zugreifen, die an einem Artikel hinterlegt ist und diese über das Regelwerk um die fehlenden Strukturen ergänzen. Es gibt auch das Szenario, dass der Produktkonfigurator die Struktur des Artikels nur auf Basis des Regelwerks erstellt, ohne Verwendung einer Stückliste. In beiden Fällen kann der Produktkonfigurator auf definierte Strukturen wie z.B. Lagerbaugruppen zugreifen und deren Stücklisten in die zu generierende Struktur übernehmen.

Nach Abschluss des Konfigurationsprozesses ist die Struktur des Artikels eindeutig definiert. Neben Stücklisten kann man mit einem Produktkonfigurator auch Arbeitspläne generieren und deren Vorgabezeiten berechnen. Die Struktur des Artikels kann in den Grunddaten und in den Auftragsdaten abgebildet werden.

Der konfigurierbare Artikel besitzt eine hohe Varianz an Funktionalität, je nachdem, welche Möglichkeiten durch den Produktkonfigurator zur Verfügung stehen.

Beispielhaft sind nun folgende Szenarien möglich:

Anlagenbau (Exot, Auftragsstruktur)

Stellen Sie sich eine Firma vor, die Behälter herstellt. Jeder Behälter ist ein Unikat, da Form, Größe, Ein-, Ausläufe, Anbauteile und Gestell nach Kundenanforderungen individuell angefertigt werden. Teilweise greift man auf Standard-Teile zu, die nicht lagerhaltig geführt werden. Diese Teile werden auftragsbezogen gefertigt und sind über Stücklisten und Arbeitspläne eindeutig definiert. Standard-Teile Teile können z.B. Gestellkomponenten, Hebeeinrichtungen oder Stutzen sein.

Es ist nicht gewünscht, für jeden Behälter einen Artikelstamm anzulegen, da die Anzahl der unterschiedlichen Behälter und somit auch der Artikelstammsätze nicht endlich ist. Jeder Artikelstammsatz verursacht Kosten, da er angelegt und gepflegt werden muss.

Einige Beispiele:

  • Bei der Anlage eines Behälters als Artikelstamm müsste man eventuell Daten pflegen, die keinen Sinn machen, die aber das ERP-System benötigt, um einen Artikelstammsatz anlegen zu können.
  • Man muss dafür sorgen, dass diese Artikel nicht lagerhaltig geführt werden können. Ansonsten birgt jeder Behälter ein potentielles Risiko, er könnte z.B. fälschlicherweise bebucht werden, beispielsweise durch eine fehlerhafte Inventurerfassung.
  • Behälter dürfen nicht in Inventurerfassungslisten oder Lagerbestandsauswertungen erscheinen.
  • Durch eine fehlerhafte Artikelanlage könnten falsche Preise entstehen z.B. durch kopieren von Artikeln.
    Dies führt zu falschen Auswertungen, wenn sich die Auswertungen auf den Artikelpreis beziehen.
  • Im Lauf der Zeit sammeln sich Daten an, die nicht benötigt werden. Es ist nicht förderlich, wenn ein System und dessen Anwender mit nicht notwendigen Daten belastet werden.

Man wird den Behälter in einem ERP-System als Exot abbilden. Dies beginnt bereits bei der Anlage des Kundenauftrags im ERP-System. Wenn man die Auftragsposition für den Behälter erfasst, verwendet man keine Artikelnummer, der Artikel wird lediglich durch seine Bezeichnung, die Auftragsnummer des Kundenauftrags, die Positionsnummer des Kundenauftrags und die Auftragsart definiert. Der „Exot“ ist somit ausreichend beschrieben und kann von einem ERP-System datentechnisch verarbeitet werden.

Die Auftragsposition „Behälter“ des Kundenauftrags wird mit einem Fertigungsauftrag verknüpft. Durch den Produktkonfigurator werden unter diesem Fertigungsauftrag die komplette Struktur und die Arbeitspläne erstellt.

Fallen in der Kommunikation!

In einem ERP-System gibt es keinen „konfigurierbaren Artikel“ vom Typ „Exot“. Das Beispiel „Anlagenbau“ ist ein gutes Beispiel für Fallen in der Kommunikation mit ERP-Herstellern. Wenn Sie einen ERP-Hersteller fragen, ob er „konfigurierbare Artikel für die Unikatfertigung abbilden kann“ und er antwortet mit „ja“, sollten Sie darauf achten worauf die Frage abzielt. Wenn Sie dabei an den Einsatz von Exoten denken, der ERP-Hersteller aber an Typartikel denkt, meinen Sie beide damit verschiedene Dinge.

Maschinenbau (Typartikel, Auftragsstruktur)

Der Typartikel ist ein echter Artikelstamm mit speziellen Eigenschaften. In vorangegangenem Abschnitt ist das Beispiel mit dem Behälter aufgeführt. Nun gehen wir vom gleichen Szenario aus – mit einem kleinen Unterschied: Wir gehen nun davon aus, dass das Unternehmen vier Typen von Behältern herstellt. Jeder Behältertyp kann in verschiedenen Ausprägungen (Volumen, Höhe, Breite …) vom Kunden bestellt werden.

Für das gesamte Unternehmen sind die Behältertypen ein wichtiges Kriterium für Bewertungen, Auswertungen und die Logistik. Aus diesem Grund wird für jeden Behältertyp ein Artikelstamm von Typ „Typartikel“ angelegt. In den „Typartikeln“ werden generelle Einstellungen vorgenommen wie z.B.:

  • Bezeichnung
  • Art (Eigenfertigung/Fremdbezug)
  • Lagerhaltig ja/nein
  • Kontierung, Kostenarten
  • Beschaffungseigenschaften
  • Produktionseigenschaften

Typartikel dürfen in den Stammdaten keine Bewertungspreise haben, die Bewertung erfolgt ausschließlich auftragsbezogen.

Ein Typartikel wird bei der Erfassung über einen Kundenauftrag oder bei Verwendung in der Produktion ausgeprägt. Es muss also angegeben werden, welche Ausprägungen der Artikel haben soll. Dies kann interaktiv oder über einen Konfigurationsprozess erfolgen.

Im Gegensatz zum Einsatz von Exoten, wird in diese, Beispiel mit vier Typartikeln also vier Artikelstammsätzen gearbeitet. Die Ausprägung des Typartikels erfolgt, wie bei den Exoten, auftragsbezogen.

Möbel (Artikel-Neuanlage mit Grunddatenstückliste und Auftragsstruktur)

In diesem Fall wird ein Artikelstammsatz verwendet, der auftragsbezogen konfiguriert werden muss. Im Unterschied zum Typartikel wird nach der Konfiguration ein neuer Artikelstamm angelegt, der um eine Stückliste und um Arbeitspläne in den Grunddaten ergänzt wird – die Basis zum Erstellen von Fertigungsaufträgen.

Der Konfigurator greift z.B. auf die Daten des konfigurierbaren Artikels „Kommode elegant“ mit der Artikelnummer „4000xxx“ zu. Das Ergebnis der Konfiguration ist dann der Artikelstammsatz „4000164“ mit Stücklisten und Arbeitsplänen, falls bereits 163 Kommoden verkauft oder produziert wurden. Im Laufe der Zeit wächst der Artikelstamm also an.

pfeil