Der Unterschied resultiert daraus, dass ein ERP-Hersteller mehrere Partner haben kann, die aus einer ERP-Lösung mehrere Branchenlösungen ableiten. In der Internet-Plattform kann man sofort die Größe des Partners, die Anzahl der Installationen und weitere wichtige Daten zum Partner abrufen. Auch diese Daten spielen bei der Recherche eine Rolle, nicht nur die Funktionalität des ERP-Systems. Die zweite Möglichkeit ist die Suche über Referenzen, die der ERP-Anbieter auf der Plattform hinterlegt hat. Man kann über eine Volltextsuche in allen Referenzen recherchieren. Auch dies ist eine sehr gute Möglichkeit, nach speziellen Anforderungen oder Geschäftsprozessen zu suchen. Die dritte Ebene ist eine manuelle Suche über Internet-Suchmaschinen. Auf diese Weise stellen wir in unseren Projekten sicher, auch Systeme zu finden, die eventuell nicht auf der Internet-Plattform unseres Partners gelistet sind.
Die Marktrecherche sollte von einem Fachmann begleitet werden.
Um die Ergebnisse einer Suche auszuwerten, egal ob man über eine Internet-Suchmaschine oder das Suchprofil oder Referenzen eines Dienstleisters sucht, ist ein Fachmann der Materie ratsam. Denn die Suchergebnisse müssen interpretiert werden, man darf sie nicht ungeprüft hinnehmen und meinen, damit sei die Recherche abgeschlossen. Ich mache in meinem Unternehmen mit meinen Beratern manchmal einen Test und lasse mehrere Berater mit den gleichen Ausgangsinformationen eine Recherche durchführen. Nicht selten kommen dabei unterschiedliche Ergebnisse zustande. Dies liegt daran, dass jeder Berater die Vorgaben anders interpretiert und bei der Erstellung des Suchprofils und bei der Suche über Internet-Suchmaschinen unterschiedliche Prioritäten und unterschiedliche Suchbegriffe verwendet werden. Die Ausbildung meiner Berater auf dem Gebiet der Marktrecherche ist neben der Prozessanalyse einer der wichtigsten Bereiche. Wenn man über eine Internet-Plattform recherchiert bekommt man in der Regel prozentuale Angaben bezogen auf den Abdeckungsgrad des Suchprofils ausgewiesen. Dieser Abdeckungsgrad bringt die Systeme auch in eine Reihenfolge. Man sollte die Abdeckungsgrade als ein Beurteilungskriterium verstehen und sich nicht ausschließlich danach richten. Der Abdeckungsgrad bezieht sich auf das Suchprofil, nicht auf das Lastenheft! Man muss auch betrachten, wie die Kundenstruktur des ERP-Anbieters ist: Passt das Unternehmen dort hinein? Wenn z.B. ein Anbieter vorwiegend Unternehmen mit 5000 und mehr Mitarbeitern als Kunden hat, würde sich ein mittelständisches Unternehmen mit 500 Mitarbeitern wahrscheinlich nicht gut aufgehoben fühlen. Bei einem ERP-Anbieter, der meist Kunden mit bis zu 50 Mitarbeitern hat, würde das Verhältnis auch nicht passen. Die Einschätzung ist in jedem ERP-Auswahlverfahren neu vorzunehmen. Es sind auch nicht einige wenige Parameter, die bei einer ERP-Auswahl zu berücksichtigen sind, es ist der Mix aus allen betrachteten Parametern.
Am Ende der ERP-Recherche sollten ca. 15 ERP-Anbieter feststehen, an die man die Ausschreibungsunterlagen verschickt. Man muss davon ausgehen, dass einige Anbieter Absagen erteilen. Eine Absage kann unterschiedliche Gründe haben. Entweder hat der Anbieter keine freien Kapazitäten mehr für ein Projekt oder der Anbieter hat das Gefühl, durch einen schlechten funktionalen Abdeckungsgrad keine großen Chancen zu haben, eine der ersten Positionen zu besetzen. Man sollte eine Absage akzeptieren, aber auf alle Fälle telefonisch die Gründe erfragen. Nicht selten kommt es vor, dass ein Anbieter einige Anforderungen missverstanden hat und seine Chancen doch nicht so schlecht stehen. Dieskann beispielsweise der Fall sein, wenn man bei der Erstellung des Lastenheftes Fragen missverständlich formuliert hat oder der Mitarbeiter des ERP-Anbieters, der das Lastenheft bearbeitet hat, noch nicht lange im Unternehmen war und die Möglichkeiten seines eigenen Systems noch nicht ausreichend genug kennt. Die Liste mit den 15 Kandidaten nennt man auch „Longlist“.