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ERP-Systeme erfolgreich einsetzen
Workshop
Ein Workshop muss nicht zwingend durchgeführt werden, er ist allerdings immer zu empfehlen, wenn man nach den Systempräsentationen noch keinen klaren Favoriten ermittelt hat oder wenn man unsicher ist, ob der vermeintliche Favorit wirklich der Favorit ist. In der Regel werden Workshops von ERP-Anbietern nicht mehr kostenlos durchgeführt, es ist durchaus üblich, einen pauschalen Betrag für einen Workshop zu vereinbaren. Ob der Betrag für den Workshop beim Kauf des Systems verrechnet wird, ist Verhandlungssache. Ich verfolge in meinen Projekten miteinem Workshop immer zwei Ziele. Erstens lernen die Keyuser das System kennen, da sie imRahmen des Workshops selbst mit dem System arbeiten und das „Look and Feel“ hautnaherleben. Zweitens lernen die Keyuser den Projektleiter kennen und können somit prüfen, ob der „Nasenfaktor“ stimmt. Der fachlich versierteste Projektleiter kann nicht effektiv arbeiten, wenn er sein Wissen nicht an die Keyuser übermitteln kann.
Die Einführung eines neuen ERP-Systems stellt zum großen Teil einen Wissenstransfer dar. Als ich zu Beginn meiner ERP-Laufbahn noch für ERP-Hersteller tätig war, habe ich ERP-Projekte meist damit begonnen, den Keyusern zu vermitteln, dass das Wissen aus meinem Kopf in die Köpfe der Keyuser muss. Wenn sich im Workshop herausstellen sollte, dass der Projektleiter menschlich nicht mit den Keyusern klarkommt, ist eine erfolgreiche ERP-Inbetriebnahme in Frage zu stellen. Ein Tausch des Projektleiters mitten in der Inbetriebnahme hat Folgen. Auf den Inhaltsseiten „Vorgehensweise bei der ERP-Inbetriebnahme“ gehe ich noch im Detail auf diesen Punkt ein.
Aus den eben genannten Gründen empfiehlt sich ein Workshop immer, auch wenn man einen klaren Favoriten hat. Durch den Workshop kann die Systementscheidung mit einer höheren Sicherheit erfolgen. Der Workshop sollte mit den Daten des Unternehmens und kritischen Prozessen des Unternehmens durchgeführt werden. Des Weiteren reicht es nicht aus, wenn der Workshop darin besteht, dass der Projektleiter das System bedient und nur ein Rechner zur Verfügung steht. Es muss nicht unbedingt jeder Keyuser einen eigenen Rechner haben, es sollten aber auch nicht mehr als zwei Keyuser pro Rechner eingeplant werden. Essentiell ist, dass jeder Keyuser das System im Rahmen des Workshops auch selbst bedient hat.
Falls man nach den Systempräsentationen drei Systeme hat, die auf gleicher Augenhöhe liegen, und eine Entscheidung nicht mit der notwendigen Sicherheit erfolgen kann, muss man ggf. damit rechnen, drei Workshops durchzuführen. Man sollte nicht wegen ein paar Tagen mehr oder etwas höheren Kosten eine unsichere Entscheidung treffen, es geht immerhin um eine Entscheidung, die mindestens 15 Jahre Auswirkungen auf das Unternehmen hat und mit einer entsprechenden Investition verbunden ist.